Ausbildung zur Diakonin/zum Diakon – Würdest du es wieder tun? Interview mit zwei Diakonen

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Auszubildende in sozialen Berufen sind gefragt und wichtig. Im Wittekindshof – als Diakonische Stiftung – wird ­zusätzlich noch Wert darauf gelegt, in der Sozialen Arbeit den Ursprungsgedanken, das diakonische Anliegen zu ­erhalten und zu fördern. Um dieses Berufsbild näher zubringen, haben wir zwei Diakone befragt.

Wie seid Ihr dazu gekommen, Diakon werden zu wollen?

Paul Schwarz (22) aus Hamm macht eine Ausbildung zum Diakon: Ich konnte die Erzieherausbildung aus privaten Gründen leider nicht beenden. Da ich auf meinen Berufsweg im sozialen Bereich bleiben wollte, kam die Idee auf, die Diakonen-Ausbildung anzufangen. Aufgrund ihrer Vorzüge und meinem Interesse an der sozialen Arbeit sowie meiner bisherigen Erfahrung, habe ich diese Idee angenommen und mich angemeldet.

Daniel Gahr (38) ist seit 2008 Diakon und Bereichsleitung in Hamm: Im Prinzip gar nicht. Ich hatte damals die Wahl nach meinem Diakonischen Jahr irgendwie ein Jahr zu überbrücken oder in den Diakonen Unterkurs einzu­steigen.

Warum strebt man die Ausbildung an?

Daniel Gahr: Ich habe Dingen wie Religion oder dem Glauben an höhere Mächte im Allgemeinen schon immer skeptisch bis ablehnend gegenüber gestanden. Ich habe die Diakonen-Ausbildung vielmehr als die Chance für mich begriffen, mich mit der Religion – in die ich hineingetauft und konfirmiert wurde – auseinanderzusetzen und mich mit Fachleuten auszutauschen. Ganz ohne Gehirnwäsche, aus voller Überzeugung.

Paul Schwarz: Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit den anderen Diakonen und der Gemeinschaft kann man tiefe Verbindungen schaffen, die einem im Leben sehr viel weiterhelfen können.

Welche Aufgaben hat man als Diakon? Was lernt man?

Paul Schwarz: Ich kann nur von meinem ersten halben (Corona-) Jahr der Ausbildung erzählen. Wir befassen uns mit verschiedenen religiösen Themen, den unterschiedlichen Testamenten und wie z.B. Charaktere damals dargestellt wurden; wie die Menschen auf diese Geschichten reagiert haben. Wir vergleichen die unterschiedlichen Religionen; lernen über den Gemeindeaufbau und Homiletik, also die Predigtlehre. Darunter zählt es auch, erste eigene Andachten zu halten, die danach gemeinsam besprochen werden.
Aktive Gesprächsführung, das aktive Zuhören. Dazu kommt die Liturgik, darunter zählen der Gottesdienst und sein fester Ablauf sowie Musik und ihre Bedeutung in der Kirche. Der Wittekindshof hat eine lange gut aufgearbeitete ­Geschichte, in die uns die Dozenten mitnehmen. Da werden bestimmt noch einigen Themen auf mich zukommen…

Daniel Gahr: Die kurze Antwort ist leider keine! Die lange Antwort:
Innerhalb des Wittekindshofes ist kein Mitarbeiter rein als Diakon angestellt. Damit verbunden gibt es auch keine Stellenbeschreibung wie zum Beispiel für eine Bereichsleitung. Generell hat ein Diakon aus meiner Sicht die Aufgabe zuzuhören und zuzuschauen sowie auf Missstände aufmerksam zu machen. Dazu muss man, glaube ich, sehen, warum es die Diakone im Wittekindshof überhaupt gibt. Gegründet wurde die damalige Brüderschaft in den Nachwehen des 2. Weltkrieges damit die faschistoiden Elemente nie wieder die Chance haben, das zu tun, was sie in den letzten Jahren getan haben. Aus diesem Verständnis heraus definiere ich mein Handeln und Tun als Mahner. Vielleicht ist das Diakon-Sein am ehesten mit dem sozial-ethischen Gewissen in der alltäglichen Arbeit zu begreifen.  
Ich glaube, wer mich besser kennt weiß auch, dass ich diese Rolle ganz gern ausfülle.
Was lernt man? Gute Frage, ich glaube man lernt eine Menge über sich selbst und seinen eigenen Blick auf die Welt und das Leben. Das ist `ne ganz schön anstrengende Nummer mit der Selbstreflektion.

Normaler Unterricht? Wie ist der Ablauf?

Paul Schwarz: Der Unterricht findet zweimal die ­Woche auf dem Campus statt. Ansonsten ist ­Montag bis Mittwoch sowie jedes zweite Wochenende regulär die praktische Arbeit in einem Haus des Wittekindshofes vorbehalten.

Daniel Gahr: Klar gibt es auch viel Frontalunterricht. Aber es ist viel Selbstlernen gefragt in Gruppenarbeiten oder so. Manche Fächer erlauben auch gar keine konventionelle Unterrichtsgestaltung, wie zum Beispiel musisch-liturgische Bildung, wo es ganz viel um Abläufe von Gottesdiensten und Andachten geht und das Ganze eher praktisch abläuft.

Was kann man im Nachhinein damit anfangen?

Paul Schwarz: Es ist eine hohe „Garantie“ mit dem erfolgreichen Abschluss dieser Ausbildungen in einer Diakonischen Stiftung –  wie dem Wittekindshof – Arbeit zu finden. Man ist u.a. am Ende der Ausbildung berechtigt, Trauerreden und Andachten zu halten. Davon abgesehen, merkt man jetzt schon den hohen sozialen Aspekt, der sich in beiden Ausbildungen wiederfindet. Das Miteinander, den Anderen anzunehmen.

Daniel Gahr: Naja ein bisschen ist das wie bei allem erlernten Wissen. Man kann alles damit anfangen, oder eben nichts. Nein, Quatsch, für mich ist das, was ich in der Ausbildung gelernt habe, schon in meinen Alltag aufgenommen worden. Es geht ja innerhalb der Ausbildung auch darum, wie man sich ausdrückt, wie man Sachverhalte transportiert, usw. Viel wichtiger sind aber die ethischen Grundlagen, die man natürlich auch mitnimmt. Von daher kann man schon sagen, dass das alles für meinen Alltag elementare Sachen sind, die man innerhalb der Ausbildung gelernt hat.

Was für Vorteile bietet der Wittekindshof an, es zu lernen? Was ist das Besondere daran?

Paul Schwarz: Die Dozenten haben alle Praxiserfahrung im Umgang mit dem, was sie uns beibringen und mit der respektvollen Interaktion mit Menschen, ob mit oder ohne Behinderung.
Der Wittekindshof ist eine der wenigen großen Stiftungen, die einen Diakonen-Kurs anbieten und sind in NRW weit verbreitet, sodass man an vielen Orten seine Ausbildungs- sowie seine Arbeitsstelle dort finden kann. Und da ­Diakone immer gesucht werden, hat man später eine Stelle ziemlich sicher, wenn man sich gut anstellt.
Das Besondere daran ist der Ablauf und die Art der ­Ausbildung. Ich habe zwar keine direkte Diakon-­Vergleichsmöglichkeit, außer dass sie schon jetzt
anders ist, als meine bisherigen Ausbildungserfahrungen. Es fühlt sich anders an.

Daniel Gahr: Naja als Erstes fällt mir dazu ein, das die Ausbildung bezahlt wird.
Ein weiterer Vorteil ist die berufsbegleitende Ausbildung, sodass man schon recht schnell herausfinden kann, ob einem die Arbeit mit Menschen überhaupt liegt.

Wie sind die Reaktionen im privaten Umfeld?

Daniel Gahr: Die sind total gemischt. Die Meisten mit denen ich darüber rede, finden es eher erstaunlich, dass ich Diakon bin; weil sich die Menschen, glaube ich, einen Diakon eher anders vorstellen.

Paul Schwarz: Ursprünglich waren die Meinungen gespalten. Die Wenigsten kannten die Inhalte der Ausbildung. Manche fanden, es sei eine gute Idee, da die Vorzüge und meine Vergangenheit dazu passen. Andere waren erst dagegen, skeptisch, da sie sich darunter vorstellen, dass die Ausbildung uns Werte vorgibt, die wir aus der Bibel weitergeben müssen; um später auf der Kanzel zu stehen und Predigten zu halten. Da dem jedoch nicht so ist, konnte ich sie mit meinen ersten Erfahrungen und meiner Begeisterung umstimmen.

Stand jetzt: Würdest du es wieder tun?

Paul Schwarz: Momentan würde ich diese Ausbildung nochmal machen. Der Unterricht in der kleinen Gruppe ist dynamisch. Die Dozenten sind alle aufgeschlossen, freundlich und engagiert. Und dem schließt sich die Klasse an. Diese ist auch meiner Erfahrung zufolge auch voller offener Menschen, mit denen man sich sehr gut versteht. Wir helfen einander, wenn es Probleme gibt und unterstützen den Rest unserer kleinen Gruppe.
Der Unterricht ist interessant und wir lernen viele ­hilfreiche Dinge, die ich in der vorherigen Erzieher-­Ausbildung nicht einmal angekratzt habe, über Themen wie Pädagogik und Seelsorge. Fazit: ja.

Daniel Gahr: Kurz und gut: Ja, auf jeden Fall. Man begibt sich auf eine gemeinsame Reise.
Das war eine der besten Entscheidungen, die ich getroffen habe