Weihnachten mit Hund und Huhn Wittekindshof ermöglicht tierische Adventstage

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Enger/Bünde/Löhne (JP). Zum Weihnachtsfest gibt es Fleischwurst und Mehlwürmer in Joghurt mit Körnern garniert. Was für die einen unappetitlich klingt, ist für die anderen ein wahrer Gaumenschmaus. Etwa für die Hündin Farah und die Hennen Tiffy, Geyer und Hope. Sie haben ihr Festtagsmenü von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderung serviert bekommen. Ein ganz besonderes Weihnachten – mit Hund und Huhn.

Die dunkle Mischlingshündin Farah schmiegt sich an das Bein ihres Frauchens Claudia Mertens und guckt sie mit großen Augen an. "Eigentlich bettelt sie nicht, aber heute gibt es zur Feier des Tages Fleischwurst, da kann sie nicht wiederstehen", erklärt Mertens, die in den Tagesstrukturierenden Angeboten des Wittekindshofs in Enger arbeitet. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Nicole Becker vom Wittekindshofer Kontakt- und Informationszentrum (KIZ) Enger hat sie das tiergestützte Weihnachtsangebot organisiert.

Stall angemietet

Die beiden Frauen kennen sich nicht nur von der Arbeit, sondern sind auch privat befreundet. Gemeinsam mieten sie Stallungen des Rassegeflügelzuchtvereins Obernbeck und halten ganz besondere Hühner – etwa Zwerg-Cochine und schwedische Blumenhühner. "Als wir den Stall angemietet haben, hatten wir sofort den Gedanken, hier auch etwas für Klientinnen und Klienten anzubieten", erinnert sich Nicole Becker.

Hündin Farah ist ein alter Hase in der tiergestützten Intervention mit Frauchen Claudia Mertens. Sie wird im Februar zehn Jahre alt und ist fast so lange beim Wittekindshof im Einsatz. Die Hennen Tiffy, Geyer und Hope sind noch nicht so erfahren, aber trotzdem sehr zutraulich. "Wir haben die jungen Hennen mit der Hand aufgezogen. Daher kennen sie den Kontakt mit Menschen", erklärt Nicole Becker. Sie führt auch am Anfang der kleinen tierischen Weihnachtsfeier aus, was die Tiere mögen und was nicht. So wird es für alle Akteure eine schöne Erfahrung.

Maria Brömmelhus ist ganz fasziniert, als sie den Hühnern einen Holzkochlöffel mit Joghurt, Körnern und Mehlwürmen reicht und diese eifrig beginnen zu picken. Sogar streicheln lassen sich die gefiederten Damen. Sie genießen es richtig, machen es sich auf dem Tisch gemütlich und drücken ihre Köpfe gegen die Hand. Marcel, der im Wittekindshofer Wohnhaus für Kinder und Jugendliche am Dustholz in Bünde lebt, scheint ein besonders talentierter Streichler zu sein. Geyer und Hope drängeln sich dicht an einander, damit auch bloß jede Schmuseeinheiten von ihm abbekommt. "Ich habe noch nie ein Huhn gestreichelt. Ganz weich", sagt Marcel und streicht dabei Hope sanft über das Gefieder.

Mit prall gefüllten Bäuchen werden die Hennen anschließend von Marcel und Michelle gemeinsam mit Nicole Becker wieder in ihre Ställe gebracht. "Die haben sich jetzt Erholung beim Scharren im Außengelände verdient", sagt Becker und zeigt den beiden Jugendlichen noch ein ganz besonderes Huhn, das um 180 Grad gedrehte Federn hat und dadurch einen sehr zersausten Eindruck macht. "Darf ich das halten?", fragt Michelle. Ganz vorsichtig reicht Nicole Becker ihr das braune Huhn. "Süßes Hühnchen", sagt Michelle ganz verzückt.

Stupser auf die Nase ist okay

Während die Hühner bereits vollgefuttert ihren Einsatz beendet haben, steht Farah noch in den Startlöchern, um sich ihre geliebte Fleischwurst zu verdienen. Extra zur Feier des Tages trägt sie ein weihnachtliches Tuch mit rotem Samt und weißem Plüsch. Claudia Mertens stellt Farah allen Teilnehmenden vor und erklärt ebenfalls die Regeln im Umgang mit dem Tier.

Manfred Budina kennt Farah bereits aus der TSA in Enger, wo er in einem Wittekindshofer Wohnhaus lebt. Er weiß genau, dass sie beispielsweise nicht am Schwanz angefasst werden soll. Gegen einen kleinen Stupser auf die Nase spricht hingegen nichts. Und gegen das Pfötchengeben auch nicht. Das macht die erfahrene Hundedame gerne, um ein kleines Stückchen der Wurst zu bekommen. Manfred Budina hat keine Berührungsängste. Er schmust und streichelt die Hündin.

Sonja aus dem Haus am Dustholz ist eher schüchtern. "Wollen wir Farah gemeinsam ein Leckerchen geben?", schlägt Claudia Mertens vor. "Vielleicht von deinem Knie?" Sonja nickt zustimmend und beobachtet sehr genau, wie der Vierbeiner brav wartend vor ihr sitzt, während Mertens ein Stück Fleischwurst auf ihrem Knie drapiert. Farah guckt Sonja an, dann ihr Frauchen, das ihr das Startsignal gibt. Genüsslich schmatzend isst die Hundedame ihr Futter und Sonja quietscht ganz vergnügt.

Farah zeigt an diesem Tag noch mehr ihrer Tricks: Sie findet alle von den Teilnehmenden versteckten Leckerchen, geht brav bei Fuß im Kreis und springt auf Kommando über ein gespanntes Seil. Doch am Ende sind es die Hühner, die das Rennen auf der Beliebtheitsskala machen. "Was hat euch am besten gefallen?", fragt Nicole Becker die Teilnehmenden der tierischen Weihnachtsfeier. "Die Hühner", sind sich die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen einig. Farah lässt das unbeeindruckt. Sie lässt sich von Teilnehmer Johannes Röder den mit Fleischwurst gefüllten Bauch kraulen.

Tiergestützte Intervention

Unter Tiergestützten Interventionen versteht man alle pädagogischen, therapeutischen oder sonstigen Maßnahmen, in denen Tiere in unterschiedlicher Art und Weise einbezogen werden. Darunter fällt die Tiergestützte Therapie, die ausschließlich von ausgebildeten Therapeuten und Therapeutinnen ausgeführt wird. Ziel ist es dabei, die Lebenshaltungskompetenzen zu stärken und zu fördern und dabei eine positive Auswirkung zu erzielen. In der Tiergestützten Pädagogik sind nur ausgebildete pädagogische Fachkräfte im Einsatz. Im Fokus stehen das Lernen, die Steigerung von Verantwortungsgefühl und sozialen Kompetenzen sowie die körperliche und emotionale Entwicklung. Tiergestützte Fördermaßnahmen und Aktivitäten sind ein weiterer Teil der Intervention. Sie können unabhängig von einem therapeutischen oder pädagogischen Beruf ausgeführt werden. Im Vordergrund steht hier eine gemeinsam mit dem Tier ausgeführte Aktivität, die jedoch keine konkreten und ausformulierten Förderziele verfolgt.