Inspektion für 1382 Pfeifen Orgel in der Wittekindshofer Erlöserkirche erhält eine Überholung

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Bad Oeynhausen-Volmerdingsen (JP). Ausgestattet mit Industriestaubsauger, Akkuschrauber und Handfeger kriecht Friedrich Kampherm durch das Holzgehäuse der Wittekindshofer Orgel in der Erlöserkirche.

Das in Teilen 102 Jahre alte Instrument erhält eine Grundreinigung: passenderweise im offiziellen "Jahr der Orgel".

Staub wirkt sich auf Ton aus

1382 Pfeifen haben Orgelbauer Markus Wolf und sein Chef Orgelbaumeister Friedrich Kampherm von der gleichnamigen Firma seit Mitte Januar aus dem Instrument ausgebaut und größtenteils zur Reinigung in die Werkstatt nach Verl im Kreis Gütersloh gebracht.

Dort werden sie von Staub und Dreck befreit, der sich in den letzten Jahren festgesetzt hat. "Wird das nicht gemacht, kommt es zu technischen Problemen. Staub setzt sich in die Mechanik und die Pfeifen, der Ton wird dumpf", sagt Kampherm.

Neues Filz für die Tasten

Die Pfeifen aus einer Zinn-Blei-Legierung werden zudem auf Verformungen geprüft. Durch das hohe Eigengewicht kann es insbesondere bei den großen Pfeifen zu minimalen Veränderungen des Klangkörpers kommen und die Pfeife spricht bei Tastenanschlag nicht mehr richtig an.

Apropos Tasten: Auch diese werden überholt und erhalten eine neue Filztuchung, die das Spiel erleichtert. Pedale und Manuale wurden ausgebaut, um gereinigt und geprüft zu werden. Zudem werden alle Kleinstteile wie die mechanischen Drähte, die Register und Holzbauteile, die die Pfeifen tragen, so genannte Pfeifenstöcke, inspiziert und bei Bedarf ausgebessert.

Orgel klingt Süddeutsch

Durch den Ausbau der Pfeifen ist mehr Platz, um auch in die hinterste, noch so kleine Ecke der Orgel zu kommen. Auf Knien saugt Kampherm jeglichen Schmutz ein, um der Orgel wieder zu einem reinen Ton zu verhelfen.

Die Wittekindshofer Orgel in Volmerdingsen hat in einigen Registern einen süddeutschen Klang: "Das hört man als Fachmann sofort: Die Register klingen sanfter und erzeugt wärmere Töne", erklärt der Orgelbaumeister.

Orgeln in der ganzen Bundesrepublik klängen unterschiedlich, vergleichbar mit Dialekten, führt er aus. Kantorin Conny Stern, die die Reinigungsarbeiten eng begleitet, gefällt diese tiefere Intonation des mächtigen Instruments.

"Früher klang sie sehr hell und fast schrill. Bei einer Neuintonation im Sommer 2000 wurde dies geändert", erinnert sie sich.

10.000 Teile

Gut 20 Jahre sind diese Neuintonation und die letzte Reinigung der Orgel nun her, damals noch unter der Federführung vom Wittekindshofer Orgelbaumeister Volker Bröer, der von Werkstatt-Beschäftigten unterstützt wurde. Auch dieses Mal hat der Wittekindshof eigene Mitarbeitende eingebunden. Mauerer, Elektriker und Maler der Wittekindshofer Betriebe bauten neue Seitenwände im hinteren Teil der Orgelempore ein, um Staubflug aus dem dort offen liegenden Wesersandstein in der Kirche zu verringern.

Noch bis Ende Februar werden Friedrich Kampherm und Markus Wolf in der Erlöserkirche tätig sein. Bis dahin werden sie etwa 10.000 Teile der Orgel in Händen gehalten haben.

Conny Stern freut sich, wieder den schönen Orgelklang für die Gemeinde vorzubereiten. "Am liebsten in einer vollbesetzten Kirche. Aber das geht während der Corona-Pandemie natürlich derzeit noch nicht. Umso größer ist die Vorfreude auf die gut besuchten Gottesdienste, dann mit unserer fröhlich singenden und zuhörenden Gemeinde", blickt die Kantorin in die Zukunft.

Zur Geschichte der Orgel:

  • Die erste Orgel konnte 1904 bei der Einweihung der Erlöserkirche nur behelfsmäßig gespielt werden. 1915 sollte sie erneuert werden, doch die Entscheidung fiel zugunsten einer neuen Orgel. Diese wurde am vierten Advent 1918 eingeweiht und im August 1919 offiziell von Kantoren und Orgelbaumeistern abgenommen. Zum 50-jährigen Bestehen der Erlöserkirche sollte die Orgel überarbeitet werden, war jedoch so stark vom Wurmfraß befallen, dass sie erneuert wurde. Teile der alten Orgel wurden aber mitverarbeitet. Ostern 1957 erklang sie das erste Mal. Seit dem wurde sie regelmäßig gereinigt und überholt sowie 2000 neu intoniert vom Wittekindshofer Orgelbau und der Orgelbauerin sowie Intonateurin Monika Hennrich