„Wir sind da, um uns für die anderen einzusetzen” Mitglieder des Wittekindshofer Werkstattrats sprechen über ihre Aufgaben und Ziele

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Der Werkstattrat der Wittekindshofer Werkstätten in Gronau (von rechts): Romina Joswig, Veith Wulfers, Thomas Inskip, Sebastian Strootmann sowie die Frauenbeauftragte Christina Hackfort. Es fehlt Florian Thiel.

Gronau (ACL). Gibt es eigentlich so etwas wie einen Betriebsrat in Werkstätten für Menschen mit Behinderung? Ja, den Werkstattrat. Seit anderthalb Jahren arbeiten die Mitglieder des Wittekindshofer Werkstattrates in Gronau schon zusammen, haben Fortbildungen besucht, sind als Ansprechpersonen für ihre Kolleginnen und Kollegen da und setzen sich für ihre Belange ein.

„Wir wollen eine Sprechstunde einführen. Dort können Probleme, Ideen und Beschwerden angesprochen werden“, sagt Sebastian Strootmann. Er hat schon Erfahrungen in anderen Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) gesammelt und weiß: „Nicht jede Idee ist sofort umsetzbar, aber wir sind dazu da, um uns für die anderen einzusetzen und hören ihnen zu.“ Gemeint sind Menschen mit Beeinträchtigung, die in den Wittekindshofer Werkstätten in Gronau arbeiten und die Mitglieder des Werkstattrates gewählt haben.

„Ich habe mich das erste Mal aufstellen lassen, weil ich gerade denen helfen möchte, die nicht so gut für sich selbst sprechen können“, sagt Romina Joswig, stellvertretende Vorsitzende. Auch für Thomas Inskip ist es die erste Amtszeit: „Es ist ein gutes Gefühl, von den Kolleginnen und Kollegen gewählt worden zu sein.“ Dabei habe es ihn gerade zu Beginn Überwindung gekostet, öffentlich vor anderen zu sprechen. „In Fortbildungen haben wir aber genau das geübt – und es hat gut geklappt“, sagt er.

In Bewerbungsgesprächen dabei

Andere Mitglieder des Rates bringen dagegen schon Erfahrung in der Gremiumsarbeit mit. Wie etwa Florian Thiel, der schon seit acht Jahren Teil des fünfköpfigen Rates. Nun ist er Vorsitzender. „Ich will mich für meine Kolleginnen und Kollegen einsetzen“, sagt er. Als Vorsitzender ist er auch häufig bei Bewerbungsgesprächen für neue Mitarbeitende dabei, die etwa eine Position als Bereichsleitung in den Werkstätten antreten wollen. „Wir dürfen dann auch Fragen stellen und können nach dem Gespräch unsere Meinung zu den Bewerbern sagen. Ich habe meist ein gutes Baugefühl“, sagt Florian Thiel und lacht. Auch auf Kreisebene setzt er sich als Mitglied im Arbeitskreis Behindertenhilfe des Kreises Borken für Menschen mit Beeinträchtigung ein.

Wichtig sei, dass man sich aufeinander verlassen könne, haben die Ratsmitglieder in den vergangenen Monaten, in denen sie schon zusammenarbeiten, festgestellt. So habe sich der Werkstattrat in der Vergangenheit für die Errichtung von WLAN in den Betriebsstätten eingesetzt und eine Befragung zur Sauberkeit der Sanitäranlagen durchgeführt. „Hier geht es voran, das macht mir echt Spaß. Und wir werden ernstgenommen mit unseren Anliegen“, freut sich Veith Wulfers, der sich zum ersten Mal zur Wahl hat aufstellen lassen. „Ich kann gut zuhören und freue mich auf das, was wir gemeinsam bewegen können – vor allem auf unsere Sprechstunde.“

„Stärkt mich und andere Frauen“

Eine Sprechstunde bietet auch Christina Hackfort an. Als gewählte Frauenbeauftragte setzt sie sich dafür ein, dass Frauen mit Beeinträchtigung die gleichen Chancen und Rechte in den Werkstätten erhalten. „Das war für mich Neuland“, gibt sie zu. Zwar ist Christina Hackfort kein offizielles Mitglied im Werkstattrat, kann aber innerhalb der Sitzungen Vorschläge unterbreiten. Darüber hinaus habe sie bei überregionalen Treffen bereits Kontakte zu anderen Frauenbeauftragten knüpfen können. „Das Amt und die Zusammenarbeit mit dem Werkstattrat machen mir Spaß und es ist mir wichtig, weil es nicht nur mich stärkt, sondern auch andere Frauen.“

Die Wittekindshofer Werkstätten

Die Wittekindshofer Werkstätten sind anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). In zwölf Betriebsstätten in Gronau, Bad Oeynhausen, Löhne und Espelkamp arbeiten gut 1.100 Beschäftigte. Als Interessenvertretung wird der Werkstattrat alle vier Jahre von den Beschäftigten gewählt. Das Gremium muss angehört werden und seine Zustimmung ist zwingend erforderlich, etwa bei der Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit, in Fragen der Verpflegung oder der Gestaltung der Entgelte. Bei Baumaßnahmen oder der Einführung neuer Arbeitsmethoden kann der Rat zudem mitwirken und seine Meinung äußern.