Fotosafari durch die Herner Innenstadt Frauen und Männer mit Behinderung forschen mit der Hochschule Gesundheit zum Thema Stadtgesundheit

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Herne (JP). „Der Boden gefällt mir nicht, da stolpert man schnell“, sagt Pia Bruchhage und deutet auf einen aus dem Pflaster ragenden Stein in der Bahnhofstraße. „Dann halten wir das fest“, sagt Julia Brüggemann, legt einen roten Rahmen um die Stolperfalle und zückt das Tablet für ein Foto. Jetzt noch den Standort markieren und speichern. Dann geht es weiter auf der Suche nach Orten in der Stadt, wo Pia Bruchhage sich unwohl fühlt oder ihr etwas richtig gut gefällt.

Pia Bruchhage und Julia Brüggemann sind Co-Forschende des Projekts „ParStaR – partizipative Methoden für StadtGesundheit Ruhr“. Das Projekt der Hochschule Gesundheit Bochum hat zum Ziel, Methoden zu entwickeln, um Menschen mit Behinderung bei der Stadtentwicklung besser einzubeziehen. „Vulnerable Gruppen werden zunehmend in stadtplanerische Prozesse einbezogen. Aber Menschen mit Behinderung bleiben weiterhin unterrepräsentiert. Gemeinsam mit der Diakonischen Stiftung Wittekindshof und Frauen und Männern, die Angebote der Stiftung nutzen, wollen wir Methoden und Formate entwickeln, die es ermöglichen diese Gruppe Menschen besser einzubeziehen“, erklärt Julia Brüggemann, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projekts „ParStaR“. Am Ende sollen Empfehlungen formuliert werden, wie eine inklusive und vor allem partizipative gesundheitsfördernde Gestaltung der Stadt stattfinden kann. Dies könne beispielsweise durch einfache Sprache erfolgen oder einfach bildhafter und konkreter sein, etwa durch Videos und Fotos. Ein Jahr lang werden die Co-Forschenden gemeinsam daran arbeiten.

„Wir freuen uns, dass die Hochschule an uns herangetreten ist, um bei diesem wichtigen Prozess mitzuwirken. Menschen mit Behinderung wissen am besten, was sie benötigen, welche Barrieren es im Alltag gibt – sei es im Nahverkehr, bei der Wegeführung oder, oder. Es ist Zeit, Inklusion auch in diesen planerischen Bereichen voranzutreiben und nicht mehr nur über die Menschen zu sprechen und für sie zu entscheiden“, betont Matthias Jacobstroer, zuständiger Wittekindshofer Geschäftsbereichsleiter für die Angebote in Herne und Oberhausen.

Pia Bruchhage spürt derweil weitere Orte und Dinge in der Innenstadt auf, die sie positiv oder negativ bewertet. „Ich mag es nicht, dass so viel Müll herumliegt. Das ist nicht gut für die Umwelt und dann auch schlecht für die Menschen und ihre Gesundheit“, sagt die Hernerin. Die Umweltverschmutzung ist auch Ute Röseler ein Dorn im Auge. Genauso die Unterführung zum Bahnhof. „Das könnte doch heller und bunter, vielleicht mit Bildern gestaltet werden“, hat die Seniorin direkt eine Verbesserungsidee.

„Genau darum geht es im Projekt. Wir gehen den Fragen nach, was bedeutet Gesundheit für dich und wie trägt die Stadt, in der du lebst, dazu bei? Gibt es Bereiche, die dir guttun oder die dir nicht gefallen? Und was kann verbessert werden? Stadtentwicklung soll die Perspektive aller Bürger und Bürgerinnen einnehmen und wir freuen uns, mit unserem Projekt zu einer inklusiveren und gesünderen Stadt beizutragen“, sagt Prof. Dr. Christian Walter-Klose, der mit Prof. Dr. Heike Köckler zusammen die wissenschaftliche Leitung des Projekts „ParStaR“ hat. Er und Kolleginnen und Kollegen des Projekts sowie der niederländischen Universität Twente begleiten die Fotosafari durch die Innenstadt. Denn der Clou: Die Universität Twente arbeitet an einer kartographischen Software, in die die Ergebnisse der Fotosafari einfließen werden. Mit einem digitalen Kartentisch, einem Maptable – oder wie Dr. Johannes Flacke von der Universität Twente es anschaulich beschreibt – einen riesigem Tablet, wird zusammen mit den Co-Forschenden an der Erarbeitung einer gemeinsamen Kartierung gearbeitet, die die Bedarfe der Menschen mit Behinderung festhalten kann..

Ute Röseler, Pia Bruchhage und zahlreiche weitere Frauen und Männer mit Behinderung forschen derweil weiter daran, wie Herner gesunder und inklusiver werden kann. „Mir macht es richtig Spaß. Ich finde forschen toll und wir sind eine gute Gruppe“, betont Ute Röseler, die beim nächsten Treffen zum Auswerten und Besprechen der gemachten Fotos auf jeden Fall wieder mit von der Partie sein will.