Ein Tag für Vielfalt und Akzeptanz Georgine Kellermann zu Gast am Evangelischen Berufskolleg Wittekindshof

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Der September ist Georgine Kellermanns Lieblingsmonat. „In diesem Monat habe ich gleich dreimal Geburtstag: Am 21 September 1957 wurde ich geboren, am 17. September 2019 habe ich mich als Transfrau in der Öffentlichkeit geoutet und im September 2020 habe ich meine neue Geburtsurkunde erhalten“, erzählt die heute 67-Jährige, während sie auf der Bühne in der Wittekindshofer Kapelle in Volmerdingsen sitzt. Über ihr Coming-Out sprach die Journalistin anlässlich des Tags der Vielfalt am Evangelischen Berufskolleg Wittekindshof.

„Wir sind ein bunter, vielfältiger Haufen hier am Berufskolleg. Wir haben unterschiedliche Fachrichtungen, Erfahrungen und Berufswege,“ sagte Schulleiterin Christel Dürrwald zur Begrüßung. Seit 2022 gehört das Berufskolleg dem deutschlandweiten Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ an. Umso mehr freue es sie, dass die Schülerinnen und Schüler diesen Tag der Vielfalt so aktiv mitgestaltet haben und Georgine Kellermann als Hauptreferentin gewinnen konnten. „Ihr Thema, ihre Geschichte, ist eine, die besprochen werden muss“, betonte die Schulleiterin. Georgine Kellermann war als Korrespondentin in Washington und Paris tätig und leitete später das WDR-Studio in Essen. All die Jahre führte sie ein Doppelleben, über das sie nun in ihrem Buch „Georgine. Der lange Weg zu mir selbst: Meine Befreiung als trans* Frau nach über 60 Jahren“ berichtet.

„Georg war die Rolle meines Lebens.“

Während ihrer Lesung gab sie nicht nur Einblicke in ihr Buch, sondern beantwortete auch die Fragen der Schülerinnen und Schüler, etwa: „Wie war es, jeden Tag im ‚Kostüm Mann‘ zur Arbeit zu gehen?“ Kellermann antwortete: „Georg war die Rolle meines Lebens. Ich habe meinen Job geliebt, aber die Lügerei war ich irgendwann einfach satt.“ Privat war sie längst Georgine. „Die Geschichte von Transmenschen hat auch viel damit zu tun, was wir als Gesellschaft zulassen. Hätte ich mich in den 1980er Jahren öffentlich geoutet, wäre eine Karriere vor der Kamera unmöglich gewesen.“

Heute, so sagte sie mit einem Lächeln, sei sie glücklich über die Akzeptanz, die sie erfährt: „Ich bekomme viele liebe Briefe und Nachrichten. Diese Zusprüche tragen zu meinem Glück bei, in dem ich seit September 2019 lebe.“ Umso wichtiger sei es, für eine offene, vielfältige Gesellschaft einzutreten. „Diversität bedeutet auch, diejenigen mitzunehmen, die Vielfalt nicht wollen. Gerade in Zeiten wie diesen, ist das wichtiger denn je“, sagte sie mit Blick auf die bevorstehenden Landtagswahlen. An die angehenden Fachkräfte gerichtet, betonte sie: „Sie lassen sich für Berufe ausbilden, in denen Sensibilität für Menschen, die unterschiedlich sind und leben, unerlässlich ist.“ Dafür gab es viel Applaus von den angehenden Erzieherinnen und Erziehern, Heilerziehungspflegekräften sowie Sozialassistentinnen und -assistenten. Im Anschluss fanden mehrere Workshops statt, in denen die Teilnehmenden etwa die Bedeutung von Inklusion in ihren zukünftigen Berufen reflektieren oder Strategien erproben konnten, um Stammtischparolen mit Sachlichkeit und einer wertschätzenden Haltung zu begegnen.