„Alles Banane oder was?!“ Oder: Das Ding mit der gesunden Ernährung

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Es ist raus, wer kennt es nicht, man ist zu schwer. Oder ist man nicht eigentlich einfach nur ein bisschen zu klein? Die Waage ein parteiischer Quälgeist und grundsätzlich dagegen? Doch alle Argumente für und wider halfen nicht. Der Speiseplan in Haus Kassel verlangte nach einem Upgrade.

Nun gibt es, gerade im Kontext von gesunder Ernährung, bekanntermaßen ja nicht nur den EINEN Weg, sondern derer viele. Von radikalem Verzicht bis hin zur Verleugnung der Notwendigkeit. Die ersten thematischen Auseinandersetzungen im Team bildeten ein buntes Potpourri. „Damals“ traf auf „Vegan“, Schleckermäuler auf Gesundheitspropheten. Doch wo ist die goldene Mitte? Was ist denn eine kleine Portion? Ja, hier geht es um Grundsätzliches! Von wegen, einfach umstellen, ein bisschen mehr bewegen und schon ist der Erfolg da! Bevor hier irgendwas oder irgendwer in Bewegung kommen konnte, musste in demokratischer Manier erst einmal definiert werden, wo gesunde Ernährung anfängt und wo ihre Umsetzung bei so manchem schon in Gedanken in körperliche Qualen auszuufern drohte. Die Rede ist von hart umkämpften Schokobrötchen sowie abendlichen Manta-Platten. Warum denn abends nicht noch einmal kochen? Es waren doch Dinkelnudeln, die sind doch gesund! Und die Klienten und Klientinnen freut es doch! Und die Waage eben nicht, so der trockene, fachliche Konter. Und so wurden Ideen einer gesunden Ernährung entwickelt, ein Plan gefasst. Aus der Manta-Platte wurden Rohkostteller, aus dem morgendlichen Milchbrötchen mit Nutella ein Müsli mit frischen Früchten und Joghurt. Wo manch einer sich am Frühstücksbuffet im Urlaub wähnt, sahen sich Mitarbeitende aber auch Klienten und Klientinnen einer geschmacklichen Expedition gegenüber. Manch Bemühen wurde mit schmählicher Verachtung gestraft, anderes wiederum wurde begeistert angenommen. Das Süßen des morgendlichen Tees mit kalorienfreiem Zuckerersatz gleicht dem Brauen eines Zaubertranks von Miraculix. In Teamsitzungen wird gar die Zahl der Teebeutel diskutiert, die in die morgendliche Teekanne kommen sollen. Es muss ja auch schmecken, jetzt wo es schon gesund sein soll, so die Argumentation manch kritischen Geistes. Und über Geschmack lässt sich bekanntermaßen hervorragend streiten. Ein mit viel Humor und Ideenreichtum gespickter Wettlauf gegen die „Pfunde“ nahm seinen Lauf und führte zu vollen Regalen und Kühlschränken sowie Obstkisten. Und ja, auch ein bisschen zu gezuckertem Dosenobst „… es ist doch Obst?!“ Und auch, wenn hier diesbezüglich noch nicht alles „rund“ läuft, ist es doch gerade diese individuelle und vor allem empathische Interpretation von „gesund“ in Kombination mit „lecker“, die nicht nur die Mägen der Bewohner*innen, sondern immer wieder auch die Herzen aller „füllt“.

In diesem Sinne: „Guten Appetit!“

„Das Glück besteht darin, zu leben wie alle Welt und doch wie kein anderer zu sein.“

Simone de Beauvoir

 

Stephanie Wernsing