Teamwork Assistenzhündin Nele unterstützt Merle Naue im Alltag

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„Nele hat Lust, die Welt zu entdecken und mich damit einfach angesteckt“, sagt Merle Naue und blickt ihrer Golden-Retriever-Hündin dankbar in die Augen. Dass sie einmal eine so selbstbewusste und aufgeschlossene junge Frau wird, hätte die 25-jährige Mindenerin vor einigen Jahren nicht gedacht. Seit Sommer 2013 ist Nele ihre treue Begleiterin, die ihr nicht nur zu mehr Selbstsicherheit verholfen hat, sondern ihr auch die Socken auszieht, die Leine anreicht oder das Handy aufhebt.

„Apport!“, sagt Naue zu der zehnjährigen Hundedame und deutet mit der Hand in Richtung ihres Handys. Der Retriever blickt zu seinem Frauchen und dann zum Handy, steht auf und hebt sachte das Gerät auf, geht zurück zu Naue, setzt sich an ihre linke Seite des Rollstuhls, streckt ihr die Schnauze entgegen und hält still, so dass Merle Naue es greifen kann: „Fein gemacht“, sagt die junge Frau und zückt einen Hundekeks aus dem Leckerchen-Beutel.

Es matcht 2013

Nele kam über den Verein VITA e.V. Assistenzhunde zu Merle Naue. Nach erster Internetrecherche entschied sich Merle Naue gemeinsam mit ihren Eltern, einen Bewerbungsbrief an den Verein zu senden. Ende 2011 fand das erste Kennenlern-Treffen mit den Hundetrainern in Hümmerich bei Neuwied statt, wo das Ausbildungszentrum des Vereins ist. Damals noch ohne Nele. Es folgten weitere Termine, bis es zum so genannten „Matching“ im Januar 2013 kam, dabei sucht sich der Hund den Menschen fürs Leben aus. Am Ende wählte Nele die damals 16-Jährige als Team-Partnerin aus. Teams, so werden die Mensch-Hund-Gespanne bei VITA genannt.

Die Sommerferien verbrachte Naue mit ihren Eltern anschließend bei VITA, damit Mensch und Hund sich aneinander gewöhnen, lernen, miteinander zu arbeiten und zu einem harmonischen Team zusammenwachsen. Wobei muss Nele unterstützen? Wie gibt Merle Naue die Kommandos? Und vieles mehr.

Neue Freunde gefunden

Auch Jahre später fährt Familie Naue zweimal im Jahr zur Nachbetreuung ins Ausbildungszentrum. „Die Trainer schauen, ob Nele etwas Neues lernen kann, wie sich unser Alltag verändert hat, oder wo sich vielleicht Fehler eingeschlichen haben“, berichtet die 25-Jährige. Doch nicht nur die Arbeit im Team steht dann auf dem Programm. Naue trifft dort auch Freunde: „Meine VITA-Freundschaften zu anderen Teams gehören zu meinen engsten – uns verbindet der Hund. Behinderung ist da total egal. Einen Ort zu erleben, wo es so egal ist, dass und warum man behindert ist, ist einfach schön.“

Für Nele steht bei den Treffen einmal im Jahr ein großer Gesundheitscheck an. „Der Verein kümmert sich bis zum Lebensende der Tiere um die Teams und die Gesundheit der Hunde. Er ist immer ansprechbar, zu jeder Frage und zu Tages- und Nachtzeit.“ Jeden Morgen weckt die Hundedame ihre Teampartnerin. Auf Kommando springt die Retrieverhündin ins Bett „und wir kuscheln noch zehn Minuten, bevor ich aufstehen muss“, sagt Merle Naue mit einem breiten Grinsen. Bevor es für Merle Naue, die im Wittekindshofer Büro für Leichte Sprache arbeitet, los geht zum Job, bringt die Hündin ihr ihre Schuhe. „Grundsätzlich hebt Nele alles für mich auf. Abends zieht sie mir beispielsweise die Socken aus. Sie macht alles ganz behutsam und sabbert dabei auch nicht“, führt die junge Frau aus.

Auch zum Shopping kommt Nele mit, sogar in eine Kneipe, in der Hunde an sich nicht erlaubt sind. Noch nie habe es große Probleme wegen der Hündin gegeben. Außer einmal im Urlaub, als sich eine Frau lauthals darüber aufgeregt habe, dass die Retrieverhündin am Strand war. „Ansonsten erhalten wir nur positive Rückmeldungen. Die Leute freuen sich eigentlich immer Nele zu sehen“, resümiert Merle Naue.

Nicht im Regen stehen lassen

Nele helfe ihr viel im Alltag, „doch noch mehr ist sie eine emotionale Stütze für mich. Früher war ich schüchtern. Da wäre es nicht denkbar gewesen, dass ich so offen spreche wie jetzt. Nele gibt mir Sicherheit. Sie passt auf mich auf. Besonders wenn wir alleine sind. Sie muntert mich auf, wenn es mir schlecht geht. Wir sind ein Team und arbeiten zusammen. Gemeinsam meistern wir die Situation. Wir sind beide aufmerksam. Natürlich hat sie auch ihre Freiheit zu toben und ausgelassen zu spielen. Sie hat viel Pause. Manche Leute denken immer, dass sie 24 Stunden ‚arbeitet‘. Das ist nicht so.“ Abends schließen Merle Naue und Nele den Tag mit etwas Positivem ab, einer einfachen Übung, die mit Leckerchen belohnt wird: „Den Hund nicht im Regen stehen lassen“, heißt es bei VITA. Aber das käme für das Team Merle und Nele nie in Frage, viel zu eng ist die Bindung.

Durchblick

Der Bericht ist in der Ausgabe "Tierisch" des Magazins "Durchblick" erschienen.