Mentale Stütze Yorkshire Terrier Tommy begleitet Michael Grzesko durchs Leben

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Tommy stupst mit seiner kleinen Pfote ans Bein von Michael Grzesko. Der Yorkshire Terrier möchte auf Herrchens Schoß. „Du bist wirklich ein echter Schoßhund“, sagt Grzesko, lacht und krault seinen treuen Begleiter, der es sich auf seinen Beinen gemütlich macht. Dass er mal einen Hund im Kleinformat haben würde, hätte sich der Gronauer auch nicht gedacht.

Bisher hatte er Schäferhunde und Rottweiler. Selbst seine vor zwei Jahren verstorbene Katze Flip war riesig: eine Maine-Coon-Katze, die zu den größten Rassekatzen zählt. Tommy ist körperlich zwar klein, aber für Michael Grzekso ein ganz Großer. „Tommy bedeutet mir alles“, sagt Grzesko. Seit acht Jahren sind die beiden unzertrennlich. „Ich weiß nicht, was ich mal ohne ihn machen soll.“

Der Yorkshire Terrier ist seine Stütze im Leben. „Ich habe Depressionen, psychische Probleme. Dadurch habe ich Antriebsschwierigkeiten. Aber Tommy gibt mir Struktur. Der muss ja schließlich vor die Tür.“ Drei bis fünf Mal pro Tag geht der Gronauer mit seinem Vierbeiner Gassi. „Ob’s mir scheiße geht oder nicht – Tommy muss raus. Er ist auf mich angewiesen. Und unterwegs komme ich mit anderen Hundebesitzern ins Gespräch. Ich kenne hier alle Hunde und ihre Besitzer im Umkreis“, sagt Grzesko, der selbstständig in einer Wohnung mitten in Gronau lebt. Auch heute lerne er immer noch neue Leute kennen – durch Tommy. Häufig werde er von Frauen angesprochen: „Die fragen, ob sie Tommy mal streicheln dürfen. Natürlich nur den Hund. Ich bekomme da nichts ab“, flachst er. „Aber das gönne ich ihm.“

Gegen Tommy kann niemand etwas sagen

Vor Tommy hatte Grzesko bereits einen anderen Hund. Doch da Hunde in seiner Wohnung eigentlich nicht erlaubt sind, musste er ihn abgeben. Tommy darf er aber in der Wohnung halten: „Der zählt aufgrund seiner Größe zu den Kleintieren. Wusste ich damals auch nicht, aber jetzt. Da kann niemand was gegen sagen, den kann mir niemand wegnehmen“, sagt der gebürtige Hamburger mit Nachdruck. Tommy sei seine Familie. „Der kann nicht sagen, dass es ihm bei mir schlecht ging.“

Ganz im Gegenteil: Der Yorkshire Terrier ist immer mit dabei. Der 61-Jährige nimmt seinen Tommy überall mit hin – selbst zum Zahnarzt und zur Therapeutin. Nur beim Einkauf im nahegelegenen Supermarkt und beim Hausarzt muss er daheim bleiben. „Aber er weint, wenn ich gehe. Er jault richtig auf. Ich sage ihm dann, dass ich nur schnell etwas für uns beide besorge. Aber das beruhigt ihn nicht. Er muss halt immer dabei sein.“ Aber vorm Supermarkt anbinden, dass würde er nicht mit Tommy machen. „Nachher ist der weg. Oder ich habe zwei, wenn ich wieder raus komme“, sagt der Gronauer mit einem Lachen.

Terrier ist das KIZ-Maskottchen

Montag bis Freitag geht Michael Grzesko ins Wittekindshofer Kontakt- und Informationszentrum (KIZ) am Kurt-Schumacher-Platz, isst zu Mittag und besucht die Tagesstrukturierenden Angebote (TSA) der Diakonischen Stiftung Wittekindshof, von der er auch ambulant unterstützt wird. Tommy kommt mit ins KIZ, hat sogar seinen eigenen Stuhl, auf dem er sitzt, während Herrchen isst. „Er bettelt nicht und weiß genau, wo sein Platz ist, wenn ich esse. Wenn ich fertig bin, hüpft er wieder auf meinen Schoß. Alle freuen sich immer, wenn Tommy da ist und streicheln ihn. Er ist so etwas wie das KIZ-Maskottchen.“ Und weil Tommy überall mit hin kommt, hat Michael Grzesko auch extra einen Fahrradkorb für den Yorkshire gekauft. Mit dem Rad fahren sie nach Enschede auf den Wochenmarkt oder einfach raus in die Natur.

„Ich mag es hier und möchte hier gar nicht mehr weg. Enschede und Gronau sind zwar Städte, aber nicht so hektisch und stressig.“ Früher hat er in Münster gelebt. „Aber die laufen da rum wie die Ameisen. Hier ist es ruhiger“, betont er.

Kommunikation auch ohne Sprache

So kann es auch schon einmal vorkommen, dass Michael Grzesko und Tommy den ganzen Tag unterwegs sind. Der kleine Vierbeiner mache das super mit, komme mit anderen Hunden gut klar und auch der Rückruf funktioniere. Noch nie habe er mit dem Yorkshire Terrier meckern müssen. „Nur Regen mag Tommy nicht. Da will er nicht raus. Anfangs hab ich ihn fast hinter mir hergezogen. Aber dann dachte ich: Wenn er nicht will, will er nicht. Das hat er mir da deutlich gemacht. Nun warte ich den Regen ab und wir gehen Gassi“, sagt Grzesko.

Tommy habe er quasi studiert. „Ich spreche auch mit ihm. Er redet zwar nicht viel mit mir“, scherzt er, „aber er kommuniziert. Wenn sein Wassernapf leer ist, kratzt er auf dem Teppich. Wenn er raus will, setzt er sich vor mich und starrt mich an.“ Doch Tommy geht es nicht nur um die eigenen Bedürfnisse. „Wenn es mir schlecht geht, ist er ganz anhänglich und weicht mir nicht von der Seite. Er spürt, dass ich ihn dann brauche.“

„Die Krankheit muss sich mit mir arrangieren“

Neben Tommy hilft Michael Grzesko auch der Kontakt zu anderen Menschen über soziale Medien wie Facebook, um mit seiner Erkrankung besser umzugehen. Einmal in der Woche legt der gelernte Gärtner für ein Internet- Radio Schlager, Discofox und Co. für ein breites Publikum auf – allerdings nachts. Und nach wenigen Stunden Pause noch einmal bis in den Vormittag.

„Das fand meine Therapeutin anfangs gar nicht gut, da ich eh Schlafstörungen habe. Aber ich musste mich jahrelang mit meiner Krankheit arrangieren, jetzt muss sich halt meine Krankheit mit mir arrangieren. Das habe ich ihr auch gesagt. Es gibt so viele andere Menschen da draußen, denen es auch schlecht geht. Mit denen komme ich ins Gespräch und mache Musik für sie“, berichtet Grzesko. Und Tommy verhilft ihm nach den langen Nächten wieder zu einem geregelten Ablauf und Bewegung an der frischen Luft. „Tommy ist dann mein Ausgleich.“

Durchblick

Der Bericht ist in der Ausgabe "Tierisch" des Magazins "Durchblick" erschienen. 

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