Mit Einsatz, Kreativität und Gutem von gestern Vortagsladen der Bäckerei Voss und dem Wittekindshof will noch bekannter werden

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Gronau (JP). "Darf es sonst noch etwas sein?"“, fragt Martin Kneermann und reicht einer Kundin ihre Ware über den Tresen. "Nein, danke", sagt diese. Martin Kneermann blickt zu seiner Kollegin Kristina Plenter und nickt. Diese hat derweil das Kasslerbrot, die gemischte Tüte Brötchen und ein paar Quarkbällchen in die Kasse eingegeben und nimmt nun das Geld entgegen. Die Kundin scheint etwas verdutzt ob des niedrigen Preises. Prompt wird ihr das Konzept des Geschäfts erklärt: "Wir sind ein Vortagsladen. Die Backwaren gibt es deshalb zum halben Preis", sagt Martin Kneermann. "Das ist ja eine tolle Idee", sagt die Kundin, "davon werde ich meiner Nachbarin erzählen."

Anfang Januar hatten die in Ochtrup ansässige Bäckerei Voss und die Diakonischen Stiftung Wittekindshof die zuletzt mehrere Monate geschlossene Filiale der Bäckerei Voss an der Ecke Gildehauser Straße/Fabrikstraße wieder mit Leben und dieser nachhaltigen und inklusiven Idee belebt: Unter dem Motto "Gutes von gestern" verkaufen in dem ersten Vortagsladen der Bäckerei Voss Mitarbeitende der Wittekindshofer Werkstätten Brot, Brötchen und Gebäck vom Vortag – und das mit 50 Prozent Rabatt auf den regulären Bäckereipreis.

Verlängerung möglich

"Die Idee des Vortagsladens hat sich bei vielen Menschen in Gronau herumgesprochen", berichtet Thomas Gerwing, zuständiger Geschäftsbereichsleiter für Bildung und Arbeit beim Wittekindshof. "Doch es gibt auch Kunden und Kundinnen, die denken, dass die ehemalige Voss-Filiale einfach wieder geöffnet hat. Sie sind dann erstaunt, dass nicht alle Backwaren zur Auswahl stehen. Aber da erklärt das Team das Konzept – wie gerade erlebt", sagt Gerwing, der gemeinsam mit Jan Lienkamp, Geschäftsführer des Bäckereibetriebs Voss, ein Zwischenfazit zieht.

Der Vortagsladen ist nämlich als Projekt angelegt, das zunächst bis Ende Februar laufen soll – Verlängerung möglich. "Aber wir sind auf Kundschaft angewiesen", betonen die beiden Männer, deren Anliegen es ist, zwei Dinge mit dem Vortagsladen entscheiden zu fördern: zum einen die Nachhaltigkeit durch weniger Lebensmittelverschwendung, zum anderen die Inklusion von Menschen mit Behinderung. Obendrein sparen die Käuferinnen und Käufer noch kräftig Geld.

Das Feedback sei ebenfalls positiv, so wie die Erfahrungen hier im Geschäft, betont Jan Lienkamp. Es gebe auch ein paar wenige, die sich beschwert hätten, aber denen sei nicht bewusst, dass es sich um einen Vortagsladen handele. "Das konnten wir schnell aufklären", so der Voss-Geschäftsführer, der sich trotzdem noch mehr Kunden und Kundinnen in den nächsten Wochen wünscht.

"Steile Lernkurve"

Und um die Kundschaft für das nachhaltige und inklusive Projekt zu gewinnen, legen sich alle Beteiligten ins Zeug. "Es ist das erste Mal, dass eine Gruppe von acht Beschäftigten aus der Werkstatt in solch einem Projekt arbeiten", betont Thomas Gerwing. Zunächst habe es daher Schulungen gegeben – zu den einzelnen Produkten, aber auch zum Umgang mit Kundschaft. „Am Anfang war das echt aufregend und anstrengend“, berichtet Martin Kneermann von seinen Erfahrungen. "Den ganzen Tag stehen, viele Gespräche – da tat mir abends der Rücken weh und ich war müde. Aber jetzt ist das nicht mehr so. Es macht richtig Spaß", zeigt sich der Gronauer begeistert.

Auch Gerwing lobt die Entwicklung der Werkstatt-Beschäftigten: "Sie haben alle eine steile Lernkurve hingelegt." Dies sei zu großen Teilen auch Paul Mensing zu verdanken, der das Werkstatt-Team im Vortagsladen unterstützt, und Robin Engbrink vom Wittekindshofer Sozialdienst, der die Beschäftigten zusätzlich engmaschig im Projekt begleitet: "Wir konnten einen sicheren Rahmen schaffen, mit klaren Aufgaben. Jeder und jede bringt sich mit seinen Fähigkeiten ein. Martin ist beispielsweise stark im Kundenkontakt, Kristina behält dafür die Zahlen gut im Blick."

Zum persönlichen Einsatz kommt Kreativität hinzu, um den noch Vortagsladen bekannter zu machen. "Wir versuchen, den Kunden und Kundinnen attraktive Angebote zu unterbreiten. Neuerdings bieten wir für zwei Euro eine gemischte Tüte mit sechs Brötchen an – da sind dann auch Laugen- oder Käsebrötchen enthalten. Das wird sehr gut angenommen. So wollen wir noch mehr Kundschaft locken, aber natürlich auch noch mehr Backwaren veräußern. Denn ein Ziel ist es schließlich noch weniger Lebensmittel zu verschwenden", sagt Paul Mensing, der übrigens fließend niederländisch spricht und das Verkaufsgespräch übernimmt, wenn Kundschaft aus dem Nachbarland im Laden ist.

Wer nachhaltig, inklusiv und günstig Backwaren einkaufen möchte, kann dies im Vortagsladen dienstags bis freitags von 9 bis 17 Uhr und samstags von 8 bis 13 Uhr.