Mit dem Golfcart an die Werre

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Löhne-Gohfeld (JP). Die einen schenken der Ausflugstruppe ein dickes Grinsen, die anderen gucken ganz irritiert, manche wenige hupen sogar: In Löhne ist neuerdings ein ganz besonderes Gefährt auf den Straßen unterwegs: Zu sehen ist sonst auf der 18-Loch-Runde - ein Golfmobil.

Das Team der Tagesstrukturierenden Angebote (TSA) der Wittekindshofer Wohnangebote an der Weihestraße hat es angeschafft, um den älteren Teilnehmenden weiterhin die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglich, Ausflüge in die nähere Umgebung zu unternehmen oder kurz in den Supermarkt zu düsen. "Unsere Damen und Herren, die an den Tagesstrukturierenden Angeboten teilnehmen, werden immer älter. Viele sind nicht mehr gut zu Fuß. Wir Mitarbeitenden können aber nur jeder einen Rollstuhl schieben, wenn wir unterwegs sind. Sprich unser Grüppchen, mit dem wir unterwegs sein konnten, war sehr klein. Daher haben wir nach einer Möglichkeit gesucht, möglichst viele Menschen mitnehmen zu können", berichtet Markus Schütte, der mit seiner Kollegin Heike Rose-Lange seit mehr als 18 Jahren in der TSA an der Weihestraße tätig ist und schon viele Projekte wie einen eigenen Hühnerstall, einen Steinofen zum Brotbacken im Garten oder einen Kamin für wohlige Wärme im Winter realisiert hat.

Rotationssystem, damit jeder an die Reihe kommt

Schnell kam die Idee zum Golfmobil. Mit Fahrer und Begleitung können so vier Frauen und Männer mit Behinderung, die in den Häusern Weihe oder Wilm leben und aufgrund ihres Alters nicht mehr arbeiten gehen, an Aktivitäten teilnehmen. "Das sind 50 Prozent mehr als es sonst wäre. Das ist einfach super", sagt Schütte, der seinen Spaß an dem ungewöhnlichem Mobil mit Straßenzulassung gefunden hat. Doch nicht nur er ist begeistert: "Wenn wir einen Ausflug unternehmen wollen, ist das Gedränge immer groß. Allen wollen mit. Daher haben wir ein Rotationssystem eingeführt, so dass alle TSA-Teilnehmenden mal an der Reihe sind", sagt Rose-Lange.

Seniorin Jutta Hasler findet die Anschaffung genial: "Das Golfmobil ist klasse. Jetzt kann ich wieder mit zum Einkaufen. Zu Fuß schaffe ich das nicht mehr", stellt sie fest. Dank montierten Anschnallgurten und breiten Sitzen ist es auch Menschen, die sonst auf einen Rollstuhl angewiesen sind, möglich zu den Ausfahrten mitzukommen.

Mit Tempo 24 auf Löhnes Straßen unterwegs

Nach Herstellerangaben kommt das Golfmobil auf 30 bis 40 Kilometer pro Stunde. "Wir sind mit Tempo 24 unterwegs", sagt Markus Schütte. Die Akkuleistung reicht für Fahrten an die Werre, hoch zum Bischofshagen oder auf die Aqua Magica und den jeweiligen Weg zurück. "So können wir uns ganz andere Ziele und Umgebungen erschließen. Diese Strecken konnten wir vorher zu Fuß nicht meistern. Unsere Klienten lernen neue Orte kennen und vergrößern ihren Sozialraum", erklärt Heike Rose-Lange.

Gespartes und Spenden

Doch die Anschaffung des Golfmobils war harte Arbeit. Etwas mehr als 10.000 Euro mussten zusammenkommen. "Über die Hälfte haben wir durch den Verkauf von unseren selbstgemachten Likören, Marmeladen und Chutneys erwirtschaftet, die wir auf den größeren Veranstaltungen in Löhne wie dem Weihnachts-, den Bauernmarkt und dem Gartenflohmarkt anbieten. Zwei private Spender haben uns zudem großzügig unterstützt, als sie von unseren Plänen erfahren haben. Der fehlende Betrag konnte durch Spenden aus einem Weihnachtspenden-Aufruf aufgestockt werden. Trotzdem haben wir viele Jahre für unser Mobil gespart. Aber es hat sich gelohnt", sagt Schütte mit etwas Stolz. Doch nicht nur die Bewohner der Wittekindshofer Wohnhäuser an der Weihestraße profitieren vom Golfcart. Alle zwei Wochen findet immer abwechselnd ein Kaffeetrinken mit Bewohnerinnen und Bewohnern des benachbarten Eduard-Kuhlo-Heims auf dem Programm. Seit vielen Jahren pflegen die beiden Einrichtungen eine lockere Freundschaft. "Auch viele unserer Besucherinnen und Besucher sind nicht mehr so gut zu Fuß unterwegs. Dann holen wir sie aus dem Eduard-Kuhlo-Heim ab und bringen sie später wieder zurück. Als symbolische Verbindung soll dort demnächst extra eine Haltestelle für das Wittekindshofer Golfmobil eingerichtet werden", berichtet Schütte mit einem Grinsen im Gesicht.

Waltraud Rieger und Frieder Bagehorn nehmen den Fahrservice an diesem Tag gerne an. "Alle man einsteigen und anschnallen nicht vergessen", sagt Schütte, drückt kräftig auf die Hupe und schon geht es los. Runter vom Wittekindshofer Gelände, rauf auf die Weihestraße. Erste Straßenverkehrsteilnehmer winken und schenken der Gruppe im Golfmobil ein breites Lächeln.