"Familie mit allem Drum und Dran" Christoph Müller (56) lebt in einer Gastfamilie

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Teil einer Familie sein, voneinander lernen und miteinander leben – diesen Wunsch haben viele erwachsene Menschen mit Behinderung.

Drei Menschen sitzen an einer gedeckten Kaffeetafel.

Fühlt sich in seiner Gastfamilie wohl: Christoph Müller (Mitte) lebt seit 2017 bei Willy und Anna Jäger.

Löhne (ACL). Gute Laune am Kaffeetisch: Gemeinsame Mahlzeiten gehören für Anna und Willy Jäger sowie Christoph Müller zum Familienleben dazu. Seit 2017 lebt Müller (56) als Familiengast bei dem Ehepaar in Löhne.

"Ich wollte immer in einer Familie leben, mit allem Drum und Dran", sagt er. Nach dem Tod seiner Eltern zog der gebürtige Petershagener zunächst in eine Mindener Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung. "Auf Dauer hat mir aber der Familienanschluss gefehlt", sagt er.

Teil einer Familie sein, voneinander lernen und miteinander leben – diesen Wunsch haben viele erwachsene Menschen mit Behinderung, die ein eigenständiges Leben führen möchten, sich aber trotzdem Unterstützung und Sicherheit wünschen. Zum Internationalen Tag der Familie am 15. Mai nimmt der Wittekindshof das "Betreute Wohnen in Familien" in den Blick. Dahinter verbirgt sich ein Unterstützungsangebot der Stiftung für Erwachsene mit Behinderung oder psychischer Beeinträchtigung, die sich Familienanschluss wünschen, und für Familien, die sich vorstellen können, einen Menschen in ihrer Mitte aufzunehmen. Das können Familien, Paare oder Singles sein.

Kennenlernen unter realen Bedingungen

1993 wurde der Familientag von den Vereinten Nationen ausgerufen, um auf die Bedeutung der Familie für die Gesellschaft aufmerksam zu machen. Christoph Müller bedeutet es viel, Teil einer Familie zu sein. Deshalb wandte er sich an das pädagogische Fachteam des Wittekindshofes. "Wie bei einem Puzzle fügen wir die passenden Teile zusammen", sagt Petra Steigemann über ihre Arbeit.

Im Falle von Christoph Müller waren die Teile sehr schnell gefunden: "Wir haben eine große Familie und in der Vergangenheit bereits Pflegekinder bei uns aufgenommen. Nun wollten wir einem erwachsenen Menschen ein zu Hause bieten. Und schon bei dem ersten Treffen mit Christoph haben wir uns auf Anhieb gut verstanden", erinnert sich Anna Jäger.

Es folgte ein zweiwöchiges Probewohnen. "Dabei ist wichtig, dass sich alle Beteiligten kennenlernen – unter realen Bedingungen. Es soll kein Urlaub sein, sondern der gelebte Alltag mit Haushalt, Arbeit und allem, was dazu gehört", betont Petra Steigemann, die die Jägers und Müller seit ihrem ersten Kennenlernen begleitet. Innerhalb von drei Monaten wurde der Umzug "über den Berg" von Minden nach Löhne organisiert.

Individuelle Begleitung

Seitdem ist Müller Teil der Familie Jäger. "Christoph ist bei Familienfesten immer dabei", sagt Willy Jäger. Gleichzeitig habe jeder und jede seine eigenen Rückzugsorte. "Einkäufe mache ich selbst", so Müller, der viel mit dem Fahrrad unterwegs ist und auch zu seiner Arbeitsstelle in der Wittekindshofer Betriebsstätte Ulenburg fährt. "Am Anfang hatte ich etwas Angst vor dem Umzug und der neuen Arbeit", gesteht der 56-Jährige, der in seiner Heimat sehr verwurzelt ist, Mitglied im Petershagener Löschzuges ist und viele Freunde und Bekannte in Minden und Petershagen hat. "Aber die Zusammenarbeit mit den Kollegen und den Mitarbeitenden macht mir einfach Spaß und zu meinen Freunden halte ich weiterhin Kontakt. Einige von ihnen haben mich auch schon in Löhne besucht", sagt Müller.

"Jede Familie wird individuell begleitet“, betont Petra Steigemann. Für die Versorgung und Betreuung erhält die Gastfamilie ein festes monatliches Betreuungsgeld. Der Aufenthalt ist auf Dauer angelegt, kann aber jederzeit von beiden Seiten gekündigt werden. Insgesamt arbeiten in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof drei pädagogische Fachteams in Bad Oeynhausen, Gronau und Hamm.

Sie beraten bei Herausforderungen und Konflikten, unterstützen im Alltag, etwa bei Arztbesuchen, und organisieren alternative Betreuung bei Krankheit oder Urlaub. "Wir behalten das gesamte Lebensumfeld des Familiengastes im Blick und sind rund um die Uhr ansprechbar", fügt Anja Kruse hinzu, die das pädagogische Fachteam in Bad Oeynhausen leitet. Interessierte können, die mehr über das Angebot erfahren möchten, können sich bei unter 05731/3037025 melden.