Ein Stück Normalität Wittekindshofer Werkstätten öffnen wieder für alle

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Espelkamp (ACL). Stefan Koch ist erleichtert – und glücklich. Vor einer Woche konnten alle Männer und Frauen mit Behinderung an ihre Arbeitsplätze in der Wittekindshofer Werkstatt in Benkhausen zurückkehren. "Es ist schön, dass wir hier wieder gemeinsam arbeiten können. Wir sind ein gutes Team", sagt Koch, der die Interessen der Menschen mit Behinderung als Mitglied des Werkstattrats vertritt.

Koch ist einer von 90 Männern und Frauen, die in Benkhausen tätig sind und Verpackungs- und Montagearbeiten leisten.

Strikte Gruppenaufteilung zum Schutz

Nachdem im Frühjahr 2020 zunächst ein mehrwöchiges Betretungsverbot für Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) galt, und lediglich eine Notbetreuung vor Ort sowie Heimarbeit möglich waren, war der Betrieb in den vergangenen Monaten nur unter strengen Abstandsregelungen und strikten Gruppenaufteilungen möglich, um das Ansteckungsrisiko zu verringern.

Dies bedeutete auch, dass nur gut 60 Prozent der Menschen die Betriebsstätte besuchten, andere blieben aus gesundheitlichen Gründen daheim oder erledigten weiterhin Aufträge von zuhause.

Hohe Impfquote macht Öffnung möglich

Mittlerweile ist die Werkstatt wieder geöffnet. "Ich freue mich über die hohe Impfbereitschaft der Menschen mit Werkstattvertrag sowie der Mitarbeitenden. Nachdem nun etwa 90 Prozent ihre zweite Impfung erhalten haben und vollständig immunisiert sind, ist die Öffnung für alle wieder möglich. Die Werkstätten bieten nicht nur sinnvolle Tätigkeiten und Struktur im Alltag für Menschen mit Behinderung, sie sind auch ein sozialer Treffpunkt und tragen somit zur Lebensqualität jeder einzelnen Person bei", betont Bernd Wlotkowski, zuständiger Geschäftsbereichsleiter.

Mit den fortschreitenden Impfungen seien auch weitere Öffnungen der Wittekindshofer Betriebsstätten im Kreis Minden-Lübbecke zeitnah möglich. "Wir befinden uns in Abstimmung mit den jeweiligen Gesundheitsämtern, um die Schutzkonzepte anzupassen."

In Benkhausen sind Arbeitsplätze mit Plexiglasscheiben voneinander getrennt worden, so dass dort kein Mund-Nasen-Schutz getragen werden muss. "Generell gelten Maskenpflicht, die gängigen Abstandsregeln und Hygienevorschriften aber weiterhin", sagt Betriebsstättenleiter Klaus Hellmann. Die Gruppenaufteilung könne hingegen gelockert werden.

Arbeit erfüllt mit Stolz

Bisher haben nur Menschen zusammengearbeitet, die auch zusammen wohnen. Tagein, tagaus die gleichen Gesichter sehen – da bleiben Konflikte nicht aus, "aber die Männer und Frauen haben in den vergangenen Monaten ein hohes Maß an Flexibilität gezeigt und die neuen Regeln und Veränderungen am Arbeitsplatz akzeptiert und umgesetzt", lobt Hellmann.

Viele erfülle ihre Arbeit mit Stolz und entsprechend groß sei auch das Pflichtbewusstsein gegenüber den Kunden. "Mir ist die Arbeit wichtig und die Firmen brauchen die Sachen", bekräftigt etwa Andreas Woysch, der sich ebenfalls über die Rückkehr an seinen Arbeitsplatz freut. Einige Plätze weiter verpackt Tobias Brügge Klebestifte. "Jetzt ist viel mehr möglich, wir können uns wieder sehen, das ist schöner", freut er sich über das wiedergewonnen Stück Normalität.

Fähigkeiten ausbauen

Sonja Meier möchte indes etwas Neues ausprobieren: Löten. Zwei Arbeitsplätze sind dafür neu ausgestattet worden, mit Absaugarmen, die die Lötdämpfe aus der Luft ziehen. "Das habe ich noch nicht gemacht, eine Herausforderung", freut sich Meier, während sie Mitarbeiter Markus Vogt über die Schulter schaut, der ihr die einzelnen Arbeitsschritte erklärt, ehe sie den Lötkolben selbst in die Hand nimmt.

"Die Werkstätten dienen nicht zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Sie erfahren hier Wertschätzung für ihre Arbeit und können ihre Fähigkeiten ausbauen, neue erlernen und sich weiterbilden", betont Bernd Wlotkowski. Dazu gehören auch begleitenden Angebote wie Ernährungsberatung, Hauswirtschaftslehre und Sicherheitstrainings.

"Vor der Pandemie gab es Pausenangebote mit Musik sowie Entspannungsmöglichkeiten im Snoezelraum. Hinzu kamen Firmenbesichtigungen und Besuche in anderen Werkstätten, um den Austausch zu fördern. Wir hoffen, dass wir diese Aktivitäten bald wieder anbieten können", setzt Bereichsleiter Hellmann hinzu.

Wittekindshofer Werkstätten

Die sieben Betriebsstätten der Wittekindshofer Werkstätten in Bad Oeynhausen (Sonnenbrede, Langenhagen, Vorwerk, MeHoTec), Löhne (Ulenburg) und Espelkamp (Benkhausen und GAZ) bieten rund 960 Bildungs- und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung in den Kreisen Minden-Lübbecke und Herford. Die Arbeitsfelder sind vielfältig und reichen von Verpackungs- und Montagearbeiten über Garten- und Landschaftspflege, Hauswirtschaft, Holz- und Metallbearbeitung, Wäscheservice, Flechterei bis hin zu Handweberei, Näherei, Nutzgartenpflege und betriebsintegrierten Arbeitsplätzen in der Region. Ein Teil der Mitarbeitenden arbeiten flexibel und erledigen auch anspruchsvolle Aufträge selbständig. Andere sind auf umfassende Unterstützung angewiesen.