"Die Atmosphäre ist das Besondere" Evangelisches Berufskolleg Wittekindshof feiert 50-jähriges Bestehen – tausende Fachkräfte ausgebildet

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Bad Oeynhausen-Volmerdingsen/Kreis Minden-Lübbecke (JP). Es piept schrill. "Das war wohl nichts", stellt Burkhard Hielscher durchaus amüsiert fest, als er mit der Öse den "Heißen Draht" berührt. "Früher hatte ich eine ruhigere Hand", versichert er dem angehenden Erzieher Marius Lückemeier, der ihm gegenübersitzt. Lückemeier und weitere Studierende hatten diese und andere Aktionen anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Evangelischen Berufskollegs Wittekindshof organisiert, um einen Einblick in die Ausbildungsgänge und -methoden zu geben.

"1993 habe ich meine Krankenpflegeausbildung hier am Berufskolleg Wittekindshof absolviert", sagt Burkhard Hielscher. Heute ist er Geschäftsbereichsleiter beim Wittekindshof und zuständig für die Angebote im Kreis Herford. Burkhard Hielscher ist nicht der einzige Ehemalige des Berufskollegs Wittekindshof, der an diesem Tag der offenen Tür den Weg in sein altes Klassenzimmer findet. Zahlreiche Absolventinnen und Absolventen werfen neugierig einen Blick in die Räume des Bildungszentrums Gerhard-Brandt-Haus, tauschen sich mit aktuellen Auszubildenden aus, lassen sich neueste Unterrichtsmethoden und -einheiten zeigen und schwelgen in Erinnerungen. Aber auch Interessierte nutzen die Chance, einen Blick in die Schulstandorte zu werfen und ihre Bewerbungsmappe abzugeben.

"Wichtige Fachkräfte-Quelle"

Von den jährlich insgesamt etwa 130 Absolventinnen und Absolventen finde ein Drittel einen Job beim Wittekindshof, die anderen zwei Drittel verteilten sich auf Unternehmen in der Region, wie Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke in seiner Ansprache beim vorherigen Festakt betonte. "Das Evangelische Berufskolleg Wittekindshof ist somit eine wichtige Fachkräfte-Quelle für den Arbeitsmarkt." In den vergangenen Jahrzehnten sei es Schulleiter Uwe Vogelpohl und seinem engagierten Kollegium gelungen, eine angesehene, qualitativ hochwertige und modern aufgestellte Bildungseinrichtung zu gestalten. "Danke für Ihre unermüdliche Arbeit und Danke an die Studierende, ohne die diese Arbeit nicht möglich wäre", sagte Starnitzke, der in seiner Rede in Anwesenheit von Vertretern aus Politik und Behörden auch den dringenden Hinweis gab, die Finanzierung der Schule auf sichere Beine zu stellen.

Bürgermeister Lars Bökenkröger betonte, wie wichtig es sei, soziale Berufe zu stärken: "Wir brauchen die Menschen, die sich für diese Ausbildungen entscheiden. Wir müssen diesen Berufsgruppen mehr Wertschätzung entgegenbringen, viel wichtiger ist es aber noch, für bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung zu sorgen." Das Berufskolleg tue alles, um ein gutes Lernumfeld zu schaffen. "Hier herrscht ein familiäres und engagiertes Klima, wie ich bei meinem Besuch kürzlich erleben durfte", sagte der Bürgermeister.

Die besondere Atmosphäre hob auch Studierendensprecherin Miriam Baurichter hervor: "Warum sollte ich hier am Berufskolleg Wittekindshof meine Ausbildung machen? Was ist hier besonders? Es ist die gute, familiäre Atmosphäre, die ich an keiner anderen Schule so gefunden habe. Wir unternehmen Aktionen, die die Gemeinschaft stärken, helfen uns gegenseitig – ob wir uns kennen oder nicht. Im Unterricht haben wir ein Mitbestimmungsrecht und die Lehrkräfte sind flexibel." Es sei aber auch die praxisintegrierte Ausbildung, die das Berufskolleg besonders mache: "Situationen im Arbeitsleben können direkt im Unterricht reflektiert und besprochen werden und die erlernte Theorie kann direkt angewandt werden. Zudem erhalten wir alle, egal, ob wir in der Eingliederungshilfe oder der Jugendhilfe arbeiten, das gleiche Wissen."

Lange Ausbildungstradition

Uwe Vogelpohl, seit nun mehr 20 Jahren Leiter des Berufskollegs, zeigte sich überwältigt ob der zahlreichen und positiven Grußworte und verzichtete daher auf einen Großteil seiner Rede. Wichtig aber war es ihm, zu betonen, dass es Ausbildungen im Wittekindshof schon länger gibt. „Es gibt eine lange Ausbildungstradition in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof, die immer fachlich und von christlich humanistischen Werten geprägt war und ist. Die fachliche und menschliche, aber auch theologisch geprägte Qualifizierung für Mitarbeitende und Menschen in der Region, ist untrennbar mit der Entwicklung und dem Selbstverständnis unserer Stiftung verbunden. Sie existierte schon viele Jahrzehnte vor der staatlichen Anerkennung." Vogelpohl ging aber auch noch einmal explizit auf die Menschen ein, die hinter dem Berufskolleg stehen.

"So ein 'Gebilde' Schule ist ähnlich aufgebaut wie eine Wasserpflanze: Man sieht nur das Wenige an der Oberfläche, allerdings nicht das, was alle Akteure an der Schule wirklich erleben – Konferenzen, Gespräche, Geburtstagsfeiern, Noten, Herausforderungen, Digitalisierung, Pandemie, Praxisprobleme, Netzwerke, in den wir uns viele Jahre befinden und mit denen wir gewachsen sind, wunderbare Abschlussfeiern und, und, und. All dies macht die eigentliche Wirklichkeit, weniger die Fakten. Schule ist eben ein faszinierendes Biotop, das sich durch Kommunikation auszeichnet."

Evangelisches Berufskolleg Wittekindshof

1972 genehmigte das damalige Kultusministerium des Landes NRW die Errichtung einer Fachschule für Sozialpädagogik. Die Trägerschaft übernahm die Diakonische Stiftung Wittekindshof. 50 Jahre später ist aus der ehemaligen Fachschule ein Berufskolleg mit 380 Schülerinnen und Schülern geworden, die von 26 Lehrkräften in 18 Klassen auf ihre Berufstätigkeit in sozialen Arbeitsfeldern vorbereitet werden.

Das Evangelische Berufskolleg Wittekindshof ist heute Ausbildungsstätte für Erzieherinnen und Erzieher, Heilerziehungspflege oder Sozialassistenz mit Schwerpunkt Heilerziehung. Hinzu kommen die Weiterbildung als Geprüfte Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung und der Aufbaubildungsgang Sozialmanagement. Theorie und Praxis sind eng verzahnt.

Das Berufskolleg ist offen für Angehörige aller Religionen und bildet vor allem für die Behindertenhilfe sowie die Kinder- und Jugendhilfe aus. Parallel zur Ausbildung können Schulabschlüsse erlangt werden. Weitere Informationen unter www.berufskolleg-wittekindshof.de, telefonisch unter (05734) 61- 22 29 oder per E-Mail an berufskolleg(at)wittekindshof.de.