"Als würde die Lunge zerreißen! Marcel Burkhardt (33) infizierte sich mit dem Coronavirus: Ein Krankheitsbericht

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Es ist Montagmorgen. Marcel Burkhardt hat Fieber, fühlt sich abgeschlagen und kraftlos. Der 33-Jährige hat die vergangenen Tage fast ausschließlich im Bett gelegen und seine Wohnung zur Sicherheit nicht mehr verlassen. Abgesehen von seinem Besuch beim Arzt, um einen PCR-Test zu machen. Nun, zwei Tage später, blinkt die Corona-Warn-App auf seinem Handy auf: das Testergebnis ist da – und es ist positiv.

"Ich hab mich gefühlt, als hätte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen", sagt der examinierte Altenpfleger, während er sich an seinen Krankheitsverlauf im Herbst 2020 erinnert. Gerade im Ruhrgebiet, wo Burkhardt lebt und seit 2019 beim Wittekindshof tätig ist, steigen zu diesem Zeitpunkt die Zahlen der Corona-Erkrankten an. Auf Landkarten zum Virusgeschehen sind viele Kommunen tiefrot gezeichnet. Besonders in Herne schnellen die Zahlen der Neuinfektionen in die Höhe, der Inzidenzwert klettert zeitweise über die 300er-Marke.

Marcel Burkhardt ist als stellvertretende Bereichsleitung für das Wittekindshofer Wohnhaus am Emsring in Herne mitverantwortlich. "Bei mir setzte direkt das Kopfkino ein: Woher habe ich es? Wen habe ich getroffen? Habe ich jemanden angesteckt?" Er habe umgehend seine Familie, Freunde und Kollegen informiert. "Ich habe mich an alle Regeln gehalten und nach Möglichkeit Kontakte im Privaten vermieden. Bei der Unterstützung von Menschen mit Behinderung lassen sich Abstandsregeln aber nicht immer einhalten. Die Nähe zu den Bewohnerinnen und Bewohnern ist wichtig, und nicht jeder kann die Gefahr des Virus einordnen oder sich an die Maskenpflicht halten", weiß Burkhardt, der nicht der einzige am Emsring ist, der sich in diesen Tagen mit dem Virus infiziert hat.

Das Wohnhaus wird unter Quarantäne gestellt. Einige Mitarbeitende, die keine Symptome zeigen, gehen in Abstimmung mit den zuständigen Gesundheitsämtern in Arbeitsquarantäne. Das bedeutet, dass sie zwar zur Arbeit kommen dürfen, ansonsten aber unter Quarantäne stehen. Keine Besuche, kein Einkaufen oder Nutzen der Öffentlichen Verkehrsmittel.

Symptome in Etappen

Marcel Burkhardt bleibt aber zu Hause. Denn er hat Symptome. Und die treten in Etappen auf: Mit Ohrenschmerzen und Fieber fängt es an: "Innerhalb von wenigen Stunden ist meine Körpertemperatur von 37 auf 39,2 Grad angestiegen. Ich habe mich direkt krank gemeldet." Müdigkeit und Erschöpfung setzen nur kurze Zeit später ein, die Ohrenschmerzen gehen weg, dafür schmeckt und riecht er nichts mehr.

Der 33-Jährige sucht einen Arzt auf, der ihm allerdings nur eine normale Grippe diagnostiziert. Doch das Fieber sinkt nicht, die Sorge, sich doch mit dem Coronavirus infiziert zu haben, lässt ihn nicht los. "Also habe ich mich ins Auto gesetzt und bin am Wochenende zu einem notdiensthabenden Arzt nach Dortmund gefahren, um mich testen zu lassen." Danach geht es direkt wieder ins Bett. "Ich habe bis Montag quasi durchgeschlafen. Und dann kam das Ergebnis."

An Aufräumen, Putzen oder Kochen ist kaum noch zu denken, sein Körper fühlt sich kraftlos an. Wichtige Einkäufe erledigen seine Eltern, die die Tüten vor der Wohnungstür abstellen.

Husten bis zum Erbrechen

Und dann folgt der Husten. "Das war so, als würde meine Lunge zerreißen, während jemand die ganze Zeit auf meinem Brustkorb steht." Mehrmals muss er vom vielen Husten erbrechen. Magenprobleme setzen ein. Der Körper dehydriert. "Ich hatte Angst, duschen zu gehen. Ich lebe alleine in meiner Wohnung in Castrop-Rauxel. Wenn ich zusammengebrochen wäre, hätte mir niemand so schnell helfen können."

Die Einsamkeit in Quarantäne habe ihn zusätzlich belastet. Mehrmals kommt ihm der Gedanke, ins Krankenhaus zu fahren. "Aber nach neun, zehn Tagen wurde es langsam besser", erinnert sich Burkhardt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Erkrankten, die noch immer unter den Folgen der Infektion leiden, lebt der 33-Jährige mittlerweile wieder symptomfrei. "Der Husten ist seit November weg. Manchmal fühle ich mich noch etwas atemlos, aber ansonsten geht es mir wieder gut." Auch sein Geschmacks- und Geruchssinn ist zurückgekehrt. "Nach einer Woche schmeckte der Kaffee plötzlich wieder nach Kaffee. Das war wie eine totale Geschmacksexplosion im Mund."

Im Schutzanzug zum Dienst

Das Wichtigste für den Castrop-Rauxeler ist aber, dass er wieder ohne Einschränkungen arbeiten kann: "Ich wollte meine Kolleginnen und Kollegen entlasten und die Bewohnerinnen und Bewohner wiedersehen." Zunächst sei er mit FFP2-Maske, Visier und Schutzanzug wieder zum Dienst erschienen. Eine schweißtreibende Angelegenheit.

Trotz der zusätzlichen Anstrengungen bereue er die Entscheidung nicht: "Es war für mich einfach wichtig, zu helfen", sagt Burkhardt und fügt lachend hinzu: "Aber das gehört vielleicht auch dazu, sonst wäre ich vermutlich nicht in der Eingliederungshilfe tätig." Seine Erfahrungen haben ihm aber gezeigt, wie gefährlich eine Infizierung mit dem Coronavirus sein kann: "Dieses Gefühl, keine Luft zu bekommen, wünsche ich keinem."